Die Gottesanbeterin (Mantis religiosa) ist das Insekt des Jahres 2017.
Fangschrecken sind eine Ordnung der Insekten mit weltweit mehr als 2400 Arten, die zu den Fluginsekten (Pterygota) gehören. Die meisten davon sind in den Tropen und Subtropen zu Hause. Nur etwas mehr als 30 Arten sind für Europa belegt. Mitteleuropa wird nur von einer einzigen Art – der Europäischen Gottesanbeterin (Mantis religiosa) besiedelt. Sie wurde von einem Kuratorium, dem namhafte Insektenkundler und Vertreter wissenschaftlicher Gesellschaften und Einrichtungen angehören zum Insekt des Jahres 2017 gekürt.
„Wir wollen mit unserer Wahl diese faszinierende Vertreterin der Fangschrecken ehren und mit Vorurteilen aufräumen“, begründet Prof. Dr. Thomas Schmitt, Direktor des Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut in Müncheberg und Vorsitzender des Auswahl-Kuratoriums die Entscheidung.
Verbreitung der Gottesanbeterin
Die ursprüngliche Heimat von Mantis religiosa ist Afrika. Von dort aus hat sich die Art – wohl in erster Linie als Folge des Klimawandels – immer weiter nach Norden ausgebreitet. Heute ist sie mit derzeit 12 beschriebenen Unterarten eine der weitest verbreiteten Fangschrecken der Welt mit Vorkommen von Frankreich bis Japan und durch Verschleppung auch in Nordamerika. Bevorzugte Lebensräume sind immer sonnige, trockenwarme Halboffenlandschaften. In Deutschland erfolgte seit den 1990er Jahren eine auffällige Ausbreitung von ehemals wenigen Wärmeinseln in mittlerweile fast alle Bundesländer. Hier, in der Schweiz und in Österreich wird Mantis religiosa heute noch als bedrohte Art geführt. Mit weiter ansteigenden Temperaturen dürfte sich das aber in absehbarer Zeit wie bei vielen anderen wärmeliebenden Neubürgern (Neobiota) ändern.
Merkmale der Gottesanbeterin
Weibchen der Gottesanbeterin werden bis zu 75 Millimeter groß. Die viel zierlicheren Männchen bringen es dagegen kaum auf 60 Millimeter. Ihre sehr variable Grundfärbung reicht von zarten Grün- und Ockertönen bis zum kräftigen Braun und variiert nach den einzelnen Häutungen oft in Anpassung an ihre Umgebung. Zusammen mit der an Pflanzenteile erinnernden Körperform sind die Tiere damit außergewöhnlich gut an die Lebensweise als tagaktive Lauerjäger angepasst.
Obwohl Gottesanbeterinnen flugfähig sind, erfolgt die Fortbewegung fast immer äußerst vorsichtig zu Fuß. Während die beiden hinteren Beinpaare nur zum Laufen dienen, sind die Vorderbeine zu mit Dornen und einer auffälligen Endklaue besetzten Fangbeinen umgebildet. Diesen in Lauerstellung gebetsartig angewinkelten Vorderbeinen hat die Gottesanbeterin auch ihren Namen zu verdanken. Auch der lateinische Name Mantis religiosa, der in etwa „religiöse Seherin“ bedeutet, ist wohl darauf zurückzuführen.
Durch blitzartiges Zuschlagen mit diesen Fangbeinen – weniger als eine Zehntelsekunde – erbeuten Gottesanbeterinnen ihre Nahrung. Diese besteht in erster Linie aus anderen lebenden Insekten. Ausnahmsweise werden sogar kleinere Wirbeltiere, wie Reptilien oder Kleinsäuger erbeutet.
Typisch für Gottesanbeterinnen ist außerdem ihr relativ großer, dreieckiger Kopf. Im Gegensatz zu vielen anderen Insekten ist dieser außerordentlich beweglich und in weitem Winkel drehbar.
Fortpflanzung der Gottesanbeterin
Besonders bekannt sind Gottesanbeterinnen für ihren Sexualkannibalismus. Während oder nach der Paarung kann es nämlich vorkommen, dass das kleinere Männchen vom Weibchen verspeist wird. Dieses Verhalten ist zwar nicht bei jeder Paarung zu beobachten, kommt aber doch hin und wieder vor, wenn sich die Männchen nicht sehr vorsichtig verhalten.
Einige Tage nach der Kopulation erfolgt meist am Ende des Sommers die Eiablage. Dabei werden von den Weibchen in der Regel 100 bis 200 Eier in sogenannte Ootheken (Eipaketen) abgelegt. Es handelt sich dabei um schnell erhärtende Schaumnester, die an die Vegetation oder Steine angeheftet werden. Die Eier können darin auch bei Trockenheit und sehr tiefen Temperaturen überwintern. Im nächsten Frühjahr schlüpfen daraus die kleinen Larven – gelegentlich auch Nymphen genannt, die sich über fünf bis sieben Häutungen (sogenannten unvollständigen Metamorphose) zur nächsten Generation geschlechtsreifer Imagines entwickeln. Die Entwicklungs- und Lebensdauer ist dabei stark abhängig von der Temperatur und dem Futterangebot.
gefährliche Begegnung: Ruineneidechse und Gottesanbeterin
Natürliche Feinde der Gottesanbeterin sind insektenfressende Tiere wie z.B. Vögel, Echsen und einige Säugetierarten.