Im folgenden Abschnitt haben wir für Sie interessante Informationen über den Turmfalken zusammengestellt. Illustriert wurden die Texte mit Fotos von fokus-natur.de.
Lateinisch: Falco tinnunculus
Englisch: Common Kestrel
Französisch: Faucon crécerelle
Schwedisch: Tornfalk
Spanisch: Cernicalo Vulgar
Italienisch: Gheppio comune
Russisch: Обыкновенная пустельга
Historisches zum Turmfalken
„Der Turmfalke zählt unstreitig zu den liebenswürdigsten Falken unseres Vaterlandes. Seine allgemeine Verbreitung und sein hier und da häufiges Vorkommen geben jedermann Gelegenheit, ihn zu beobachten; wer dies aber tut, wird ihn liebgewinnen müssen. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend, oft noch in tiefer Dämmerung, sieht man ihn in Tätigkeit. Von seinem Horste aus, der immer den Mittelpunkt seines Wohnbezirkes bildet, fliegt er einzeln oder paarweise, im Herbst wohl auch in größeren Gesellschaften, mindestens im Verein mit seiner herangewachsenen Familie, auf das freie Feld hinaus, stellt sich rüttelnd über einen bestimmten Punkt fest, überschaut von diesem sehr sorgfältig das Gebiet unter sich und stürzt, sobald sein unübertrefflich scharfes Auge ein Mäuschen, eine Heuschrecke, Grille oder sonst ein größeres Insekt erspäht, mit hart an den Leib gezogenen Flügeln fast wie ein fallender Stein zum Boden hinab, breitet, dicht über diesem angelangt, die Flügel wiederum ein wenig, faßt die Beute nochmals ins Auge, greift sie mit den Fängen und verzehrt sie nun entweder fliegend oder trägt sie, wenn sie größer ist, zu einer bequemeren Stelle, um sie dort zu verspeisen.“ So die bereits aus dem 19. Jahrhundert stammende bildliche und treffende Beschreibung des Turmfalken von A. Brehm (7).
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„Wie sehr er sogar im Volksmund bekannt ist, zeigen die zahlreichen Vulgärnamen, die in den verschiedenen Landschaften gebraucht werden. Naumann gibt für ihn insgesamt 38 Trivialnamen an u.a. Mauer-, Dom-, Kirch-, Mäuse-, und Rotfalke, ferner Roter Sperber, Lerchensperber, Rötel- oder Rüttelfalke, Rüddelgeier und Taubensperber.“ (Dr. Rudolf Piechoki: Der Turmfalke. A. Ziemsen Verlag, Wittenberg Lutherstadt, 4. Erweiterte Auflage 1975).
Verbreitung und Bestand des Turmfalken
Der Turmfalke ist tatsächlich nach dem Mäusebussard unsere zweithäufigste Greifvogelart und der mit Abstand häufigste echte Falke Europas. Etwa 409.000-603.000 Paare werden derzeit für Europa geschätzt (8), ca. 55. 000 davon allein in Deutschland (2), das damit die größten Bestände der gesamten Westpaläarktis beherbergt. Im gesamten Verbreitungsgebiet von Falco tinnunculus, dass sich über fast ganz Europa, große Teile Afrikas und Asiens erstreckt und von insgesamt elf Unterarten besiedelt wird, kann nach vorsichtigen Schätzungen von 4 bis 6,5 Millionen erwachsener Vögeln (8) ausgegangen werden.
Insgesamt muss allerdings trotz dieser großen Bestände – wohl infolge von Lebensraumverschlechterungen durch eine immer intensivere Landbewirtschaftung – von einem geringen Bestandsrückgang in den letzten Jahren ausgegangen werden.
Fortpflanzung des Turmfalken
Bei uns sind Turmfalken hauptsächlich Standvögel. In anderen Regionen – insbesondere in nördlichen Teil ihres Verbreitungsgebietes – tritt die Art allerdings im Ergebnis jahreszeitlicher Schwankungen im Nahrungsangebot auch als Strich- oder sogar ausgesprochene Zugvögel auf.
Etwa ab Mitte April beginnt in unseren Breiten mit der Ablage der meist fünf bis sechs Eier die eigentliche Brutzeit der Art. Wie schon der Name „Turmfalke“ vermuten lässt, befinden sich die Brutstätten dabei meist in den höheren Regionen von Felsen oder Bauwerken. Es werden aber auch verlassene Nester von anderen Vögeln – insbesondere Krähennester – auf Bäumen nachgenutzt. Bestandsfördernd kann sich in diesem Zusammenhang insbesondere im urbanen Raum das Anbringen künstlicher Nisthilfen auswirken, die von den Falken gern angenommen werden. Da Turmfalken außerdem sehr gesellige Vögel sind, ist bei ausreichendem Nahrungsangebot ein kolonieartiges Brüten der Art aber auch zusammen mit anderen Vogelarten, wie z.B. Dohlen, Saatkrähen oder Graureihern nichts Außergewöhnliches.
Die Jungvögel schlüpfen normalerweise nach einer vierwöchigen Bebrütung, hauptsächlich durch die Weibchen aber individuell unterschiedlich auch mit einem recht hohen Anteil der Männchen.
Nach weiteren vier Wochen sind die Jungvögel meist flugfähig und werden dann nur noch selten mehr als nochmals zwei Wochen im Brutgebiet von den Altvögeln mit Nahrung versorgt.
Nahrung des Turmfalken
Hauptbeute des Turmfalken sind vorrangig Kleinsäuger, die vom Ansitz oder aus dem Rüttelflug am Erdboden geschlagen werden. Außerdem werden auch regelmäßig Kleinvögel erbeutet. Nicht selten ist sogar die Jagd zu Fuß auf Reptilien oder Insekten.
Turmfalke und Artenschutz
Auch am Beispiel des Turmfalken, der im Jahr 2007 zum Vogel des Jahres in Deutschland gekürt wurde, möchten wir nochmals an Hand eines Zitates von Dr. Rudolf Piechoki aus dem Jahr 1975 auf das oft problematische Verhältnis zwischen dem Menschen und Greifvögeln hinweisen und anregen, sich für den Schutz dieser Tiergruppe einzusetzen:
„Im Haushalt der Natur erhält sich unter normalen Bedingungen das sogenannte `biologische Gleichgewicht` meist ohne jedes menschliche Eingreifen. Leider findet man in den vom Menschen dicht besiedelten Lebensräumen – das sind vor allem die Gebiete der uns umgebenden Kulturlandschaften – diesen Idealfall kaum noch vor. So konnte bisher nicht erreicht werden, große Schädlingskalamitäten, seien sie durch Insekten oder Kleinsäuger entstanden, mit chemischen Hilfsmitteln völlig zu verhindern. In den meisten dieser Fälle hat der Mensch in einer nun überwundenen Zeitepoche bei den Bekämpfungsmaßnahmen oft verantwortungslos, nur auf gegenwärtigen Nutzen ausgerichtet, gehandelt. Dabei hat er sehr zum eigenen Nachteil seine natürlichen Verbündeten – wie in diesem Fall die Greifvögel – aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus dezimiert, weil diese sich gelegentlich auch Übergriffe auf jagdbares Niederwild erlaubten.
Wertvoller ist die sich jetzt durchsetzende Erkenntnis, daß jeder dieser Vögel seine Bedeutung für das Ganze hat und sie alle zusammen einen Faktor bilden, der durch keine noch so wirksame chemische Schädlingsbekämpfung restlos ersetzt oder überflüssig gemacht werden kann.“
Quellenangaben:
- Theodor Mebs; Daniel Schmidt: Greifvögel Europas – Biologie – Bestandsverhältnisse – Bestandsgefährdung. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2012 (1)
- Theodor Mebs; Daniel Schmidt: Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens – Biologie – Kennzeichen – Bestände. Franckh-Kosmos Verlag, 2. Auflage 2014 (2)
- Alfred Brehm: Brehms Tierleben, 3. Band – Die Vögel ; Bibliografisches Institut, Leipzig und Wien, 1921 (7)
- Dr. Rudolf Piechoki: Der Turmfalke. A. Ziemsen Verlag, Wittenberg Lutherstadt, 4. Erweiterte Auflage 1975
- Birdlife International. 2016. Falco tinnunculus . Die IUCN Rote Liste gefährdeter Arten 2016: e.T22696362A93556429. http://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2016-3.RLTS.T22696362A93556429.en . Heruntergeladen am 27. Januar 2019 .(8)