Im folgenden Abschnitt haben wir für Sie interessante Informationen über den Zwergadler zusammengestellt. Illustriert wurden die Texte mit Fotos von fokus-natur.de.
Mit ca. 46 cm Körperlänge, einer Flügelspannweite von etwa 124 cm und einem durchschnittlichen Körpergewicht von 720 g (Männchen) und 960 g (Weibchen) (2) erreichen Zwergadler nicht einmal ganz die Ausmaße eines Mäusebussards.
Bestand des Zwergadlers
Auch die vorwiegend bräunliche Gefiederfärbung macht es nicht leicht, die Art im Gelände sicher anzusprechen. Dies ist neben der recht heimlichen Lebensweise sicher einer der Gründe dafür, dass Bestandsschätzungen bei dieser Art meist mit einer beträchtlichen Fehlerquote behaftet sind. Laut IUCN wird der derzeitige (2015) europäische Bestand auf etwa 23.100 bis 29.100 Paare geschätzt. Das ist etwa ein Drittel des bei 149.000 bis 188.000 erwachsenen Individuen vermuteten Weltbestandes. Während die europäischen Bestände einen leichten Aufwärtstrend verzeichnen, wird global ein leichter Rückgang, insbesondere durch Vernichtung der Lebensräume, direkte Verfolgung und Abnahme der Beutetiere vermutet.
Die Stimme ist für einen Greifvogel außergewöhnlich; eine Aneinanderreihung hoher flötender Pfeiftöne, die eher an die Rufe von Singvögeln erinnern. Die auffallenden Töne sind oft bei den ausgedehnten Balzflügen aus großer Höhe zu hören, auch das mit Beute nahende Männchen kündigt sein Erscheinen durch diese Rufe an, welche von der Partnerin beantwortet werden.
Obwohl der Zwergadler von Alfred Brehm (7) noch zur Gattung der Schlankadler (Eutolmaetus) gezählt wurde, zeigt seine damalige Beschreibung schon erste Hinweise auf die heute übliche Zuordnung zu den Echten Adlern (Aquila): „Der Zwergadler ist ein echter Edeladler in Geist und Wesen. Er unterscheidet sich von seinen größeren Verwandten nach meinem Dafürhalten nur durch zwei Eigentümlichkeiten: durch größere Gewandtheit und geringere Vorsicht. Sein Flug ist schnell, kräftig und leicht, auf lange Zeit hin schwebend, beim Angriff auf Beute pfeilschnell. Zum Aufbäumen wählt er seltener die höchsten Spitzen der Bäume als vielmehr deren niedere Äste. Hier sitzt er aufrecht, oft geraume Zeit, ohne ein Glied zu bewegen, achtet jedoch auf alles, was um ihn vorgeht, und am allermeisten auf ein sich ihm etwa darbietendes Wild.“
Verbreitung des Zwergadlers
Vom Zwergadler sind derzeit drei Unterarten bekannt. Während A.p.harteri in der Nordmongolei, im Süden Sibiriens und Transbaikalien vorkommt, bildet A.p.minisculaein isoliertes Brutvorkommen in einer Region Südafrikas, die auch von europäischen Zwergadlern als Winterquartier genutzt wird.
Das Brutgebiet der Nominatform A.p.pennata ist zweigeteilt (disjunkt): im Osten Teile Nordwestafrikas, fast die gesamte Iberische Halbinsel und Teile Frankreichs; im Westen zerstreut in Südosteuropa, der Türkei, dem Kaukasus, weiten Teilen Osteuropas, Kleinasien bis nach Nordwest-Indien. Dazwischen liegt ein fast unbesiedelter Bereich von Italien im Süden bis nach Deutschland im Norden. VereinzelteBrutnachweise in Österreich und Deutschland – 1995 im Hakel im nordöstlichen Harzvorland – sind dabei bis heute die Ausnahme, könnten aber auch auf eine Arealausdehnung infolge des Klimawandels hindeuten.
Zwergadler kommen in zwei unterschiedlichen Farbvarianten (Morphen) vor. Die helle Morphe „…ist auf der Unterseite gelblich-weißlich, sodass sie im Flugbild einen starken Kontrast zwischen dem Schwarz der Schwingen und dem Weiß des Körpers und der Unterflügeldecken zeigt. Bei Zwergadlern der dunklen Morphe ist die Färbung der Unterseite sehr variabel, von schwarzbraun über braun bis heller rostbraun…Während in Westeuropa die helle Morphe häufiger ist als die dunkle, beträgt der Anteil der dunklen Zwergadler im europäischen Russland etwa 75%.“(2). Bei einer Zählung ziehender Zwergadler bei Tarifa (Meerenge von Gibraltar) gehörten 4 von 5 Adlern zur hellen Morphe (eigene Beobachtungen 2014).
Als ausgesprochene Zugvögel verlassen europäische Zwergadler ihre Brutgebiete meist schon Anfang September, um in der Sahelzone oder sogar in Ost- oder Südafrika den Winter zu verbringen. Die bevorzugte Reiseroute führt dabei über die Meerenge von Gibraltar. Neben vielen anderen Zugvogelarten sind es hier jährlich bis zu 20 000 ziehende Zwergadler, die diesen Hot Spot des Vogelzuges auch zu einem Highlight für viele Vogelbeobachter macht.
Fortpflanzung des Zwergadlers
Im zeitigen Frühjahr – meist bis Ende März – erfolgt die Rückkehr in ausgedehnte, reich strukturierte Waldgebiete, die bevorzugten Lebensräume der kleinen Adler. Mit auffallenden Balzflügen wird hier die eigentliche Balz der oft schon verpaart aus dem Winterquartier ankommenden Partner eingeleitet. Felshorste sind recht selten. Meist sind es alte hohe Laubbäume, die im Wipfelbereich zur Anlage der stets mit grünen Zweigen ausgelegten Reisignester genutzt werden. In den ausgedehnten, fast baumlosen aber nahrungsreichen Steppengebieten der Extremadura werden auch Einzelbäume und kleine Baumgruppen als Horstplatz gewählt. Öfter werden hier in Ermangelung anderer Möglichkeiten auch alte Eukalyptusbäume zur Nestanlage genutzt. Ein solcher wurde nachweislich sieben Jahre in Folge von einem Zwergadlerpaar beflogen, bevor das Nest im achten Jahr vom Mäusebussard okkupiert wurde. Die vollständigen Gelege enthalten meist zwei, seltener auch ein oder drei weißliche Eier. Bebrütet werden sie etwa fünf bis sechs Wochen. Während die Bebrütung fast ausschließlich dem Weibchen obliegt, erfolgt die anschließende mehr als 50 Tage dauernde Aufzucht der Jungen in Teamarbeit der beiden Brutpartner.
Eine anschauliche Beschreibung dazu finden wir beim Altmeister der Tierforschung, Alfred Brehm (7): „Dieser treuen Anhänglichkeit der Gatten entspricht das Betragen am Horst in allen Stücken. Das Paar ist außerordentlich zärtlich: Wodzicki sah eins auf dem Horste stehen und sich nach Taubenart schnäbeln. Während das Weibchen brütet, sitzt das Männchen stundenlang auf demselben Baume, ja es löst die Gattin auch einigemal des Tages, nicht bloß in den Mittagsstunden, im Brüten ab. Nach Wodzicki ist es bezeichnend für den Zwergadler, wie er seinen Horst besteigt. Er setzt sich weit von diesem auf den Ast, bückt den Kopf hernieder, bläst den Kropf auf und schreitet langsam wie eine Taube auf den Horst zu, bis er endlich auf dessen Rand gelangt. Dabei läßt er ein wohltönendes, flötenartiges „Keikeikei“ hören.“
Nahrung / Nahrungserwerb des Zwergadlers
Mittelgroße Vögel bilden meist den Hauptteil der Beutetiere des Zwergadlers. Daneben werden aber auch Säugetiere bis Kaninchengröße, Reptilien und Insekten nicht verschmäht. Zwei, in der Serena/Extremadura beobachtete Paare, erbeuteten häufig Wiedehopfe und Wachteln und plünderten regelmäßig eine große, frei in einem Baum brütende Weidensperligskolonie. Gejagt wird dabei oft vom Ansitz oder niedrigen Suchflug. Charakteristisch für Aquila pennata ist aber der steile Stoßflug aus großer Höhe.
Quellenangaben:
- Theodor Mebs; Daniel Schmidt: Greifvögel Europas – Biologie – Bestandsverhältnisse – Bestandsgefährdung. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2012 (1)
- Theodor Mebs: Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens – Biologie – Kennzeichen – Bestände. Franckh-Kosmos Verlag, 2. Auflage 2014 (2)
- Alfred Brehm: Brehms Tierleben, 3. Band – Die Vögel ; Bibliografisches Institut, Leipzig und Wien, 1921 (7)
- IUCN 2014. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2014.2. . Downloaded on 2017 (8)