Im folgenden Abschnitt haben wir für Sie interessante Informationen über den Schreiadler zusammengestellt. Illustriert wurden die Texte mit Fotos von fokus-natur.de.
Lateinisch: Aquila pomarina
Englisch: Lesser Spotted Eagle
Französisch: Aigle pomarin
Schwedisch: mindre skrikörn
Spanisch: Águila Pomerana
Italienisch: Aquila anatraia minore
Russisch: Малый подорлик
Porträt Schreiadler
Bestand und Verbreitung des Schreiadlers
„Häufiger als irgendeiner der großen Adler lebt in Deutschland der Schrei-, Rauhfuß- oder Entenadler, Aquila pomerana Brehm. Er ist bedeutend kleiner als der Steinadler: seine Länge beträgt nur 50 – 58 cm. … Soviel gegenwärtig mit Sicherheit bekannt ist, bewohnt der Schreiadler als Brutvogel außer Norddeutschland nur noch Polen, Weißrußland, Ungarn, Galizien, die europäische Türkei und Griechenland, … Er liebt feuchte und sumpfige Gegenden, siedelt sich deshalb vorzugsweise in Auen und Laubhölzern an. In der Mark, in Braunschweig, Hannover und Mecklenburg ist er nicht selten, in Pommern war er früher gemein, kommt aber keineswegs in allen Waldungen vor, sondern wählt sich seine Aufenthaltsorte, wie es scheint, ebenso oft nach Laune wie nach Bedürfnis.“(7) Mit diesen Worten beschreibt Alfred Brehm zwar völlig richtig das relativ kleine Verbreitungsgebiet der Art, führt uns aber auch mit aller Deutlichkeit den erschreckenden Bestandsrückgang des Schreiadlers vor Augen.
Vom derzeit noch geschätzten Weltbestand von etwa 30 000 Brutpaaren – ¾ davon in Europa – siedeln heute kaum noch 100 in Deutschland, ¾ davon in Mecklenburg-Vorpommern (2/8). Allein in den letzten 30 Jahren war damit ein Bestandsverlust von fast 30 % zu beklagen. In den letzten Jahren scheint nun aber zumindest eine gewisse Bestandsstabilisation erreicht zu sein. Zu verdanken ist dies u.a. auch vielen ehrenamtlichen Aktivitäten, wie z.B. auch vom NABU Deutschland, der sich in den letzten Jahren verstärkt dafür einsetzt, die letzten Lebensräume des Schreiadlers in Deutschland zu erhalten. Wer mehr über den interessanten Vogel, die ambitionierten Projekte des NABU zu seinem Schutz und Möglichkeiten zum eigenen Engagement erfahren will, findet auf der Internetseite des NABU umfangreiche Informationen.
Hier kann man sich auch eine umfangreiche Broschüre herunterladen, die die Thematik umfassend behandelt.
Schreiadler sind mit etwa 65 cm nicht viel größer als ein Mäusebussard, lassen aber vor allem im Fug ihre Zugehörigkeit zu den Adlern durch die stark gefingerten, parallelrandigen Flügel deutlich erkennen.
Durch die fast einheitlich bräunliche Färbung ist die Bestimmung des Schreiadlers in freier Natur nicht einfach. Besonders die Abgrenzung zur geringfügig größeren Schwesternart Schelladler erfordert viel Erfahrung. Molekulargenetische Untersuchungen ergaben sogar, dass Schreiadler und Schelladler reproduktiv nicht vollständig voneinander isoliert sind. Es treten deshalb auch immer wieder Mischpaare auf, die in der Regel aus Schelladlerweibchen und Schreiadlermännchen bestehen – u.a. ein Nachweis 2003 in Mecklenburg-Vorpommern.
Der Geschlechtsdimorphismus bezüglich Größe und Gewicht ist bei Schreiadlern recht deutlich ausgeprägt, Männchen erreichen im Mittel nicht viel mehr als 3/4 der Größe der Weibchen. Männchen wiegen dabei durchschnittlich 1,3 kg und haben eine Flügelspanne von etwa 150 cm. Bei den Weibchen liegen diese Werte bei ca. 1,5 kg und 160 cm.
Ihren deutschen Namen verdanken die Adler ihrer kräftigen durchdringenden, oft zu hörenden Stimme. Die lateinische Artbezeichnung „pomarina“ geht auf den Ursprungsort „Pommern“ zurück, von wo der Vogel stammte, der CHRISTIAN LUDWIG BREHM zur Erstbeschreibung der Art 1831 vorlag.
In unseren Breiten bevorzugen Schreiadler extensiv genutzte, feuchte Niederungen mit Laub- und Mischwäldern und angrenzenden Feuchtwiesen und Mooren. Hier werden in Nähe des Waldrandes meist in großer Höhe die Horste errichtet. Über die gesamte Brutperiode werden die Nester von den beiden in Dauerehe lebenden Altvögeln immer wieder – wahrscheinlich aus hygienischen Gründen – mit grünen Zweigen belegt. Schreiadlerpaare sind dabei oft sehr ortstreu. Die o.g. NABU-Broschüre sagt uns dazu: „Brutreviere des Schreiadlers sind in der Regel über lange Zeiträume besetzt. Die Horste eines Paares befinden sich manchmal über Jahrzehnte in demselben kleinen Waldbereich. Manche der heutigen Reviere sind schon seit mehr als achtzig Jahren bekannt. Ein in einem Museum aufbewahrtes Gelege stammt aus dem Jahr 1880 – das Revier ist bis heute besetzt! Ein Grund mehr, der Erhaltung der Schreiadler-Brutgebiete besondere Aufmerksamkeit zu schenken.“
Fortpflanzungsverhalten des Schreiadlers
Bekannt sind die Schreiadler für ihre besondere Brutbiologie. Dazu nochmals ein Zitat aus der Broschüre des NABU: “… denn üblicherweise legen die Paare zwei Eier, aus denen auch zwei Junge schlüpfen. Allerdings fällt der zweite mit einem Abstand von 3-4 Tagen geborene Jungvogel in nahezu allen Fällen dem sogenannten Kainismus zum Opfer, benannt nach der biblischen Geschichte von Kain, der seinen Bruder Abel erschlug. Beim Schreiadler läuft dies etwas anders ab – der zweite Nestling wird von Anfang an von seinem älteren Geschwister abgedrängt und teilweise auch direkt attackiert. Da er dadurch keine Nahrung erhält, überlebt er kaum länger als zwei bis drei Tage. Dieses Phänomen ist auch von einigen anderen Greifvogelarten bekannt. Denkbar ist auch, dass das zweite Junge als eine Art Reserve dient: Falls das erste Küken nicht schlüpft, hätte der zweite Jungvogel eine Chance, dessen genetische Anlagen dem Erstgeborenen in nichts nachstehen.“
Die Brutdauer beträgt im Durchschnitt 6 Wochen; die anschließende Nestlingszeit um die 58 Tage.
Jagd- und Zugverhalten des Schreiadlers
Eine weitere Besonderheit der Art ist die für Greifvögel ungewöhnliche Jagdweise. Die vorzugsweise aus Kleinsäugern und in feuchten Gegenden auch aus Amphibien bestehende Nahrung wird nämlich von den recht langbeinigen Schreiadlern in kurzrasigen Biotopen häufig im flotten Laufschritt zu Fuß erbeutet. Daneben wird natürlich auch aus dem Ansitz oder niedrigen Suchflug gejagt.
Schreiadler sind ausgesprochene Zugvögel. In ihren mitteleuropäischen Brutplätzen treffen wir sie etwa von der ersten Aprilhälfte bis Anfang September an. Den Rest des Jahres verbringen die als Langstreckenzieher bekannten Vögel auf dem Zug oder in ihren Überwinterungsgebieten. Diese liegen vorzugsweise in den ostafrikanischen Savannen südlich des Äquators, ja teilweise sogar im nördlichen Südafrika. Die dabei erzielten Flugleistungen der Tiere sind bewundernswert. Durch Satellitentelemetrie wurden allein im Winterquartier Strecken bis über 2000 km nachgewiesen. Tägliche Flugstrecken von 150 km sind dabei die Regel, bis 400 km durchaus möglich. Eine Gesamtflugstrecke von fast 20 000 km jährlich ist inzwischen nachgewiesen.
Diese langen Zugwege bergen natürlich überall die Gefahr illegaler Verfolgung. Neben massivem Holzeinschlag, Entwässerung der Landschaft und der Intensivierung der Landnutzung in den Brutgebieten tragen sie nach wie vor zu den ungewissen Zukunftsaussichten der Art in Europa bei.
Quellenangaben:
- Theodor Mebs; Daniel Schmidt: Greifvögel Europas – Biologie – Bestandsverhältnisse – Bestandsgefährdung. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2012 (1)
- Theodor Mebs; Daniel Schmidt: Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens – Biologie – Kennzeichen – Bestände. Franckh-Kosmos Verlag, 2. Auflage 2014 (2)
- Alfred Brehm: Brehms Tierleben, 3. Band – Die Vögel ; Bibliografisches Institut, Leipzig und Wien, 1921 (7)
- IUCN 2014. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2014.2. . Downloaded on 2017 (8)
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„Der Schreiadler“ herausgegeben vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) e. V. in Zusammenarbeit mit dem Landesumweltamt Brandenburg / Staatliche Vogelschutzwarte Brandenburg (2008)