Im folgenden Abschnitt haben wir für Sie interessante Informationen über den Schmutzgeier zusammengestellt. Illustriert wurden die Texte mit Fotos von fokus-natur.de.
Lateinisch: Neophron percnopterus (Vultur percnopterus)
Englisch: Egyptian Vulture
Französisch: Percnoptère d’Égypte
Schwedisch: smutsgam
Spanisch: Alimoche Común
Italienisch: Capovaccaio
Russisch: Обыкновенный стервятник
Porträt Schmutzgeier
Der im Alterskleid storchenähnlich kontrastreich, schwarz-weiß gefärbte Schmutzgeier ist eigentlich mit keinem anderen Greifvogel zu verwechseln. Wie sein großer Verwandter, der Bartgeier, betreibt auch er aktive Gefiederfärbung. Im Gegensatz zum großen Vettern bevorzug er dabei allerdings gelblichere Farbbäder.
Mit einer durchschnittlichen Körpergröße von etwa 65 cm, einer Flügelspanne von ca. 160 cm und einem Gewicht von rund 2 kg sind Schmutzgeier zwar die kleinsten Geier Europas aber immer noch um Einiges größer als ein Mäusebussard.
Schmutzgeier bewohnen trockene Baum- und Buschsavannen in weiten Gebieten Afrikas und Südwest- und Innerasiens. In Europa ist ihr Vorkommen auf den Mittelmeerraum beschränkt mit einem absoluten Verbreitungsschwerpunkt auf der Iberischen Halbinsel (etwa ¾ des europäischen Brutbestandes). Im Bereich der gesamten Westpaläarktis, für die etwa 5000 Brutpaare geschätzt werden können (2), sind die Tiere als einzige Zugvögel unter den europäischen Geiern allerdings nur von etwa Ende Februar bis in den September anzutreffen. Die übrige Zeit des Jahres verbringen sie in ihren Überwinterungsgebieten südlich der Sahara.
Ernährung der Schmutzgeier
Die Ernährung der Vögel ist fast vollständig auf Aas ausgerichtet. Als kleinste europäische Geierart müssen sie sich an größerem Aas mit einer Vielzahl ihrer körperlich überlegenen Verwandten aber meist mit den letzten Bissen begnügen. Schmutzgeier weichen deshalb regelmäßig auf kleinere tote Tiere, Kot und Gewölle oder sogar hin und wieder Früchte als Nahrung aus. Da sie relativ wenig Scheu gegenüber dem Menschen zeigen, gehören sie auch zu den regelmäßigen Gästen auf offenen Hausmülldeponien, um diese menschlichen Abfälle nach Verwertbarem zu durchsuchen.
Im Zusammenhang mit der Nahrungsbeschaffung haben Schmutzgeier eine weitere beeindruckende Fertigkeit entwickelt. Ihrer Vorliebe auf Straußeneier steht deren dicke Schale entgegen, die der recht schwache Schnabel der Vögel nicht durchdringen kann. Die Lösung bringen Steine bis zu einem Gewicht von einem halben Kilo, die die Geier im Schnabel oft über größere Entfernungen herbeischleppen, um sie dann auf die Eier zu schleudern bis die dicke Schale zerbricht und die Vögel an den begehrten Inhalt gelangen. Schmutzgeier gehören damit zu den wenigen Vertretern im Reich der Vögel, die aktiven Werkzeuggebrauch praktizieren.
Fortpflanzung der Schmutzgeier
Bereits im Februar erfolgt die auffallende Balz der mit 4 bis 5 Jahren geschlechtsreifen Vögel. Die meist sehr großen, aus Reisig und auch Unrat aufgeschichteten und im Inneren mit weichen Materialien ausgepolsterten Horste errichten die beiden, in der Regel in Dauerehe lebenden Altvögel, meist in steilen Felswänden; Baumhorste sind sehr selten.
Beide Elterntiere bebrüten das meist aus 2 Eiern bestehende Gelege etwa 6 Wochen gemeinsam.
Auch die Aufzucht der Jungvögel – bei etwa 50 % der Bruten werden beide Jungvögel flügge – wird gemeinsam erledigt. Dabei erfolgt beim Schmutzgeier die Fütterung nicht aus dem Kropf, wie bei den übrigen Geiern, sonder direkt aus dem Schnabel. Nach 70 – 90 Tagen verlassen die Jungvögel das Nest und leben anschließend meist noch bis zum Herbstzug mit den Eltern im Familienverband zusammen.
Von den europäischen Geierarten ist der Schmutzgeier derzeit die gefährdetste Art mit zum Teil dramatischen Bestandsverlusten. Dies ist wohl in erster Linie dem Zugverhalten der Art in Europa und der daraus entstehenden Vielzahl regional wirkender Einflüsse geschuldet. Lokale Schutzbemühungen sind daher meist nicht sehr erfolgreich. Einige der wichtigsten Todesursachen sind sicher vergiftete Köder gegen verwilderte Hunde und andere Beutegreifer, die direkte Bejagung, unkontrollierter Pestizideinsatz in der Landwirtschaft und der zunehmende Ausbau des Elektrizitätsnetzes in den Entwicklungsländern mit schlecht konstruierte Stromleitungen.
Auf eine weitere Besonderheit verweist uns bereits Alfred Brehm (7): „Unter allen Mitgliedern der Geierfamilie hat kein einziger eine so große Berühmtheit erlangt wie der Schmutzgeier, der seit uralter Zeit bekannte und beschriebene Kot- oder Maltesergeier, die Henne der Pharaonen, und wie er sonst noch benannt worden sein mag, Neophron percnopterus L., eine der vier Arten seiner das südliche Europa, das ganze Festland von Afrika, das westliche Mittelasien und Vorderindien bewohnenden Gattung (Neophron Sav.). Er ist es, dessen Bildnis die altägyptischen Bauwerke zeigen, der von den alten Ägyptern und den Hebräern als Sinnbild der Elternliebe gefeiert wurde und heutigentags noch wenigstens keine Mißachtung zu erdulden hat.“
Quellenangaben:
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Theodor Mebs; Daniel Schmidt: Greifvögel Europas – Biologie – Bestandsverhältnisse – Bestandsgefährdung. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2012 (1)
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Theodor Mebs: Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens – Biologie – Kennzeichen – Bestände. Franckh-Kosmos Verlag, 2. Auflage 2014 (2)
- Alfred Brehm: Brehms Tierleben, 3. Band – Die Vögel ; Bibliografisches Institut, Leipzig und Wien, 1921 (7)
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IUCN 2014. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2014.2. . Downloaded on 2017 (8)